Als Kulturschaffende/Theaterschaffende aus dem deutschsprachigen Raum setzen wir uns in unserer Arbeit immer wieder mit der Geschichte des Deutschen Faschismus und dessen Folgen auseinander. Eine Frage die v.a. bei der jüngeren Generation auftaucht ist – warum konnten die Verantwortlichen nicht gestoppt wurden. Die Machenschaften des türkischen Präsidenten Erdogan – der aktuelle Krieg gegen die Bevölkerung in Nordost-Syrien, die Verfolgung der kurdische Bewegung und aller fortschrittlichen Kräfte in der Türkei, lassen die Assoziationen zum Nationalsozialismus aufkommen. Wir wollen eingreifen und nicht zusehen wie täglich Verbrechen an den Menschen begangen werden. Es braucht ein sofortiges Handeln mit handfesten Konsequenzen um diesen Wahnsinn zu stoppen! Wir rufen alle Kulturschaffende auf – sich in ihrer Arbeit aktiv und laut gegen den Krieg in Nordostsyrien zu stellen!
In Nord-Syrien, besser bekannt als Rojava, ist in den letzten Jahren ein einzigartiges multiethnisches und multireligiöses demokratisches Projekt herangewachsen. Es gewährleistet das friedliche Zusammenleben von Millionen Kurd*innen, Araber*innen und Christ*innen.
Es entwickelte sich, dank der dort lebenden Völker zur friedlichsten Region ganz Syriens. An keinem Tag stellte es eine Bedrohung für die Türkei dar. Hunderttausende Binnenflüchtlinge sowie Vertriebene und Schutzsuchende aus dem Irak und Şengal wurden aufgenommen. Nie wurden sie als Druckmittel benutzt oder für politische Interessen missbraucht . Die Demokratische Föderation Nordostsyriens (Rojava) steht beispielhaft für die Vision eines friedlichen und demokratischen Mittleren Ostens. Umgeben von Ländern die die Frau unterdrücken wurde in Rojava eine Gesellschaft entwickelt, die die Gleichberechtigung von Mann und Frau umsetzt. Seit 2012 wurden vom Krieg zerstörte Städte und Dörfer wiederaufgebaut und die Zivilgesellschaft konnte sich trotz Krieg in Syrien neu entwickeln.
Das soll jetzt zerstört werden.
Die Ankündigung der USA unter Trump die US-Armee zurückzuziehen ermöglichte erst den Angriff der Türkei. Die türkische Armee begeht stündlich Kriegsverbrechen in dem sie zivile Infrastruktur bombardiert, wie Krankenhäuser, die Wasserversorgung, die Stromzufuhr, sowie gezielt Zivilist*innen angreift. Die Zahl der zivilen Todesopfer und Verletzen aufgrund der Kriegshandlungen der Türkei steigt stündlich. Bisher wurden mehr als 150.000 Menschen vertrieben. Es ist offensichtlich, dass diese Angriffe mit dem Ziel der ethnischen Säuberung und des demografischen Wandels durchgeführt werden.
Ein Wiedererstarken des IS durch die Angriffe der Türkei droht nun nicht mehr; er ist bereits Realität. Mit diesem Krieg droht der IS erneut zu einer Gefahr zu werden – nicht nur für Rojava, auch für Europa. Es waren die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) und die lokalen Selbstverteidigungskräfte (YPG und YPJ) aus Rojava, die den IS und seinen Kalifatstaat besiegten. 11.000 mutige Frauen und Männer ließen dabei ihr Leben.
Erdogan und seinem gleichgeschalteten Staat geht es nicht um die Sicherung der Grenzen, sondern um die Vertreibung der Kurd*innen und der anderen Völker aus der Grenzregion und die Zerstörung der selbstverwalteten Region Rojava. Die geplante Einrichtung einer sogenannten „Schutzzone“ bedeutet eine ethnische Säuberung und Umsiedlungspolitik des Gebietes. Völkerrechtswidrige Invasion und Besetzung weiterer kurdischer Gebiete in Syrien schaffen neue Flüchtlingsströme.
Mit der Drohung die Grenzen nach Europa für Flüchtlinge zu öffnen will Erdogan die Zustimmung der EU-Staaten zu diesem Krieg erzwingen.
Es muss Aufgabe aller Länder der EU sein, sich klar gegen den Krieg und jede weitere Eskalation zu stellen. Wirtschaftliche Interessen und die mit dem Flüchtlingsabkommen geschaffene Abschottung gegen Geflüchtete müssen endlich ein Ende finden.
Es braucht ein sofortiges Handeln mit handfesten Konsequenzen !
*Die sofortige Einrichtung einer Flugverbotszone über Nordsyrien für türkische Kriegsflugzeuge
- Stopp des Angriffskriegs der Türkei in Nordsyrien.
- Stopp der Waffenlieferungen an die Türkei.
- Stopp der wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit mit der Türkei
- Eine friedliche Lösung des Krieges in Syrien mit Beteiligung der kurdischen Akteure und Autonomie Nord-Syriens.
Setzen wir uns für Menschenrechte, Demokratie und Frieden ein!!!
Rêdûr Xelîl (QSD-Verantwortlicher für Außenbeziehungen) am 12. Oktober 2019:
„In unserem Kampf gegen IS hatten wir viele Verbündete. Gemäß unseren soziokulturellen und ethischen Prinzipien waren wir ihnen gegenüber stets aufrichtig und loyal.
Wir haben unsere Aufgaben und Verantwortlichkeiten gegenüber der Welt zu jedem Zeitpunkt erfüllt. Wir haben die aus allen internationalen Abkommen erwachsenden Verpflichtungen umgesetzt. Infolge der trilateralen Vereinbarungen, die mit unseren Verbündeten und der Türkei getroffen wurden, haben wir alle Wälle im Grenzstreifen abgetragen. Unsere Verbündeten garantierten uns den Schutz vor Bedrohungen durch die Türkei. Doch genau diese Verbündeten entschieden auf grausame Weise, ihre Streitkräfte aus dem Grenzstreifen abzuziehen und hielten es noch nicht einmal für nötig, uns darüber in Kenntnis zu setzen. Diese Haltung bedeutet nichts anderes, als seinen Verbündeten ans Messer liefern zu lassen.“
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, im Namen des ITI Swiss:
Daniel Bausch (Präsident) & Anina Jendreyko (Vizepräsidentin)